Die Vernichtung der Konkurrenz aus der Perspektive eines feindlichen Adeligen
Das Bürgertum war die reichste Klasse unseres Landes, als die Königswürde unter blauer Flagge unter einer Bedingung weitergegeben wurde. Der neue Herrscher sollte sämtliche Mitstreiter in der neu entdeckten Inselwelt vertreiben. Über die Schiffe freier Händler kamen wir stets an neue Informationen über die Kriegspolitik dieses Landes, das uns zu der Zeit noch nicht gefährlich werden konnte. Als erstes vertrieb der junge König zwei Völker, die sich erst kürzlich angesiedelt hatten und sich daher nicht wehren konnten. Für dieses Verbrechen errichtete man ihm zwei Triumphbögen. Die neuen Siedler hätten unseren handelsfreudigen Staat sehr bereichert. Erst danach nahm er wieder den Import aus seinen Kolonien auf, der kurz nach der Abdankung des ersten Königs eingestellt worden war. Er eroberte auch weitere Inseln und schon bald war seine Hauptstadt die reichste im Land.
Nun war er zwar der mächtigste Herrscher, doch für den Krieg waren immer noch wir am besten gerüstet. Unsere gigantische Flotte bewegte sich stets um unsere beiden Inseln, die knapp beieinander lagen. Sämtliche Marktplätze wurden durch gut ausgerüstete Soldaten bewacht. Die Hauptinsel glich einer Festung, denn sie war umgeben von Kanonentürmen. Auch die zweite Insel war zu mehr als der Hälfte auf diese Weise geschützt. Wir schienen unbezwingbar zu sein. So wurde auch auf feindlicher Seite aufgerüstet. Große Kriegsschiffe wurden gebaut und Soldaten, vor allem Kanoniere, wurden ausgebildet. Seine Infanterie patrouillierte durch die engen Gassen zwischen seinen Wohnhäusern, der Rest versammelte sich zum größten Teil auf den Plätzen nahe seinen Burgen.
Danach blieb es lange ruhig. Man erzählte, dass der König Angst vor unserer Verteidigung habe. Tatsächlich hatte er nur dreizehn Schiffe für den Krieg übrig, da alle anderen für den Import aus den Kolonien zuständig waren und um unsere Inseln kreisten immerhin einundzwanzig Schiffe. Statt dessen übte er sich lange Zeit an den Piraten. Er versenkte alle auffindbaren Schiffe und zerstörte stets ihre Siedlungen.
Allmählich kamen wir in eine wirtschaftliche Krise. Als Vetter unseres Königs wurde ich schnell in den Adelsstand erhoben. Doch ich musste um mein Vermögen bangen. Durch unsere Abhängigkeit vom Handel gab es ein ständiges »auf und ab«. Viele Adelige verarmten und bald darauf erlangten sie ihren Reichtum wieder. Das kam mit der Zeit auch den Staat teuer zu stehen, weil die Einwohnerzahl dadurch stets schwankte und die Steuern die wichtigsten Einnahmequellen waren. So traf ich mich eines Tages mit unserem König und einigen Adeligen am Hafen, und wir berieten uns. Letztendlich sagte unser Herrscher: »Mögen wir es meinem Kollegen gleich tun und durch Kolonisierung die Selbstständigkeit erlangen« So besiedelten wir zwei neue Inseln.
Noch betrieben wir Handel. Ein Schiff fuhr fort, um bei unserem Rivalen einzukaufen. Mittlerweile hatten die Piraten wieder Einfluss in das Geschehen. Ein Schiff unseres Mitstreiters war kurz davor an ihrem Hafen gesichtet worden. Sie schienen miteinander zu handeln. Danach ankerte seine Kriegsflotte an der unbebauten Küste unserer ältesten Kolonie. Nur ein Kriegsschiff lag in einer sicheren Bucht in der Heimat. Wir wussten, dass der Feind kurz davor stand, zum letzten Schritt überzugehen um die Bedingung seiner Königswürde entgültig zu erfüllen.
Ich stieg in ein Schiff und fuhr zu unserer größten Kolonie, um mich persönlich von der Belagerung zu überzeugen. Tatsächlich befanden sich dort 12 Schlachtschiffe. Wir fuhren zwischen ihnen hindurch, doch nichts regte sich. Als sich unser Schiff wieder auf dem Rückweg befand, beobachtete ich die feindliche Flotte noch lange durch mein Fernrohr. Als wir uns außerhalb ihrer Reichweite befanden, sah ich schon unser nächstes Schiff an den Feind heranrücken. Plötzlich setzte sich der Gegner in Bewegung. Die ganze Flotte griff gemeinsam dieses einzelne Schiff an. In kürzester Zeit war es versenkt.
Wieder daheim suchte ich sofort den König auf. Doch bis wir zum Hafen kamen, war es zu spät. Die meisten Schiffe waren bereits unterwegs ins Verderben. Keines unserer Schiffe kam jemals zurück. Unser Konkurrent hatte die überlegene Taktik. Er selbst verlor bei dieser Schlacht nur zwei seiner Dreimaster, von denen einer für den Import aus den Kolonien zuständig war.
Unsere Vermutung über den Pakt mit den Piraten hatte sich mittlerweile bestätigt. Die Verteidigung an unserer Ostküste, wo sich unsere Gewürzplantagen befanden, war bereits vollkommen stillgelegt. Zudem zerstörte unser Gegner gleich nach dem Sieg in der Seeschlacht unsere große Werft im Südwesten und die Hochschule im Süden. Ohne Schiffe konnten wir uns nicht behaupten. So fällte unser König bei einem neuerlichen Treffen am Hafen den Beschluss, in der nahsten Kolonie eine kleine Werft zu errichten. Beinahe gelang es uns, dort tatsächlich einen Einmaster fertigzustellen und obwohl wir sie eisern verteidigten, ging auch diese Möglichkeit verloren und von der Werft blieb nur ein Trümmerfeld.
Sofort schickte er Soldaten in die neue Kolonie, die in der Nähe seiner Hauptstadt lag. Diesmal jedoch hatte er uns unterschätzt. Er übersah einen Kanonenturm und schickte eine Einheit ins Verderben. Nach dieser Niederlage holte er seine restlichen Soldaten zurück und verließ die Insel wieder. Doch bald darauf vernichtete er unsere andere Jungkolonie, die nicht über solche Schutzmaßnahmen verfügte. Gleich darauf kehrte er wieder auf die erste Insel zurück, nahm einen Teil in Besitz, errichtete dort ein Arztgebäude für seine Soldaten und konnte dann ohne Schwierigkeiten die gesamte Insel einnehmen.
Das »auf und ab« in unserer Stadt war zu Ende. Von nun an ging es nur noch steil bergab. In der einst so stolzen Metropole wurde es still. Die meisten Wohlhabenden zogen aus, der Rest verarmte und alle waren total unzufrieden. Die Hochschule wurde etliche Male neu erbaut, doch genauso oft wurde sie auch wieder zerstört. Alle Gebäude in der Nähe der Ostküste wurden ebenfalls vom Meer aus dem Erdboden gleich gemacht. So kam es auch zum Stillstand unserer Gewürzproduktion.
Nun blieben nur noch unsere Stadt und die größte Kolonie über. Die Kolonie wurde zum nächsten Opfer der Eroberung. Erst zerstörte dieser Frevler alles, was seine Schiffe vom Ufer aus erreichen konnten. Darunter befanden sich leider auch sämtliche Soldaten dieser Insel. Danach arbeitete er wieder mit Kanonieren und Ärzten weiter. Wegen der Größe der Insel benötigte er diesmal schon zwei Krankenhäuser. Der letzte Kanonenturm lag nahe an der Küste, doch konnte er von seinen Schiffen aus nicht auf ihn feuern, da er vom Wald umgeben war. Dennoch konnte der Turm auf die See hinaus schießen. Die feindlichen Soldaten im Inneren der Insel mussten wegen einem Gebirge einen langen Umweg machen, um den Turm zu erreichen. So griff der Angreifer zu einer List. Er schickte ein Schiff an die Küste und während der Kanonenturm seinen Zweck erfüllte, kamen alle Kanoniere gleichzeitig aus dem Landesinneren und zerstörten ohne Komplikationen unsere letzte Befestigung auf dieser Insel.
Uns zum Hohn wurden Getreidesamen gestreut auf dem verlorenen Land, die schon bald austrieben und in goldenen Lettern das Wort »Sieg« vermittelten und in einer unserer kleineren Ex-Kolonien wuchsen schon bald die Initialen des Verdammten.
Nun häuften sich die Angriffe auf unsere Hauptstadt. Obwohl unser Hafen bestens geschützt war, konnte er ihn ohne Verluste zerstören, weil er ihn von der komplett zerstörten Ostküste aus erreichen konnte. Danach griff er unsere Festung an, was in einen langen Kampf ausartete, da die dortigen Kanonentürme von Mauern umgeben waren und von etlichen Soldaten bewacht wurden. Trotzdem siegte letztendlich wieder er aufgrund unserer Chancenlosigkeit gegenüber seiner stolzen Flotte. Gleich darauf begann er, alle Küstengebiete zu verwüsten. Nur einen Kanonenturm konnte er vorerst nicht bezwingen, da auch dieser sich den Schutz des Waldes zunutze machte. Hafen, Marktplätze und Verteidigungsanlagen wurden immer wieder renoviert. Es kam zu einem erbitterten Kampf, bis der Staat letztendlich zu schwach war um sich noch weiter zu verteidigen.
An einer kleinen Insel in der Nähe unserer Stadt lag ein Schiff vor Anker, in dem die siegreichen Kanoniere auf ihren letzten Einsatz warteten. Die Werft des Feindes war komplett überbucht. Stets fuhren einige seiner verwüsteten Dreimaster heim, um dort repariert zu werden. Doch nicht nur unser Widerstand war verantwortlich für diese Überlastung. Die Piraten konnten nun ihre Macht erweitern und griffen in kleinen Gruppen die Schiffe unseres Feindes an. Meist ergab sich dieser; Doch als sich die Besatzung des wartenden Schiffes ergab, wurde ungefähr die Hälfte der Soldaten ermordet. Danach musste der Feind Verstärkung aus seinem Reich holen, um schließlich mit der letzten Eroberung zu beginnen.
Nach einer neuerlichen Besprechung mit dem König, die diesmal in einer Markthalle stattfand, da der Hafen nur noch eine Ruine war, ging ich ein Stück hinüber in das feindliche Gebiet. Von Ruinen konnte man nicht sprechen; Es gab dort nur noch Trümmerfelder. In der Ferne sah ich den feindlichen Hafen und ein Arztgebäude. Der Konkurrent besaß den ganzen Westen. Auch unser letzter Küstenwachturm war nicht mehr, denn kurz zuvor war eine Schwachstelle in der Bewaldung entdeckt worden.
Nun kam ein Schiff und setzte Reiter ab. Sofort setzten sich unsere Soldaten in Bewegung. Um an ihr Ziel zu gelangen, mussten sie wegen des Gebirges und des Meeres eine Bucht passieren, in der feindliche Schlachtschiffe vor Anker lagen. So gelangten die letzten Verteidiger des Vaterlandes in die ewigen Jagdgründe. Neue Soldaten konnten wir nicht ausbilden, denn dazu war unsere Festung zuständig, die ja schon längst nicht mehr existierte. Unsere letzte Hoffnung war ein Wachturm in der Mitte der Insel. Doch dieser bereitete den gegnerischen Kanonieren keine Schwierigkeiten.
Von der einstigen Großstadt waren nur noch ein paar Hütten und die Kirche übrig. Die Hälfte dieser restlichen Stadt war schon im Besitz unseres Erzfeindes. Wir hatten keine Marktplätze und auch keine Kanonentürme mehr. Außerdem war der Hafen noch immer ruiniert. Ich ließ mir sagen, dass mein Vetter seine letzten Stunden als König in der Kirche fristete. Dort angekommen, wies der Pfarrer nach meiner Frage nach dem Glockenturm. Er war tatsächlich im Turm, doch er hing an dem Strick…